Vom Rampenlicht ins Schattendasein

Sportpsychologische Aspekte nach dem Karriereende

Annika M. (28 Jahre) ist erfolgreiche Individualsportlerin und bereitet sich auf ihre zweiten Olympischen Spiele vor. Seit acht Jahren studiert sie parallel zum Leistungssport. Die hohen Trainingsumfänge ließen ein Studium in Regelstudienzeit nicht zu. Jetzt hat sie ihr Studium erfolgreich abgeschlossen und möchte nach den Olympischen Spielen ihre sportliche Karriere beenden und ins Berufsleben einsteigen. Sie setzt sich intensiv mit dem Ende ihrer sportlichen Laufbahn aus- einander und hat auch schon eine feste Stelle in Aussicht. Durch die Corona-Pandemie werden die Olympischen Spiele um ein Jahr verschoben. Sie steht vor der Entscheidung, was sie tun soll: noch ein Jahr weitertrainieren und auf die berufliche Anstellung verzichten oder wie geplant ihre sportliche Karriere beenden?

Markus L. (23 Jahre) erfolgreicher Mannschaftssportler gilt als großes Talent und hat einen festen Platz in der Na- tionalmannschaft. Er ist bei der Bundeswehr angestellt und stellt Überlegungen an, in nächster Zeit ein Fernstudium aufzunehmen. Nach einer schweren Verletzung hat er sich zurückgekämpft und seinen Platz in der Mannschaft wieder behaupten können. Im letzten Spiel hat er sich nun wieder so schwer verletzt, dass die Ärztinnen und Ärzte ihm dieses Mal nahelegen, seine Karriere zu beenden.

Die Fallbeispiele könnten mit jeweils verschiedenen Fa- cetten des Karriereendes endlos fortgesetzt werden und verdeutlichen, dass das Thema »Karriereende« im Sport sehr komplex ist. Dennoch wird dem Thema wenig Beachtung geschenkt, und selten wird es mit sportpsy- chologischer Beratung in Verbindung gebracht. Sport- psychologie wird eher mit der unmittelbaren mentalen Wettkampfvorbereitung assoziiert. Allerdings wurde im Klassifikationssystem sportpsychologischen Arbeitens von Gardner und Moore schon 2006 auf dieses Thema hingewiesen, und es wurde in die sportpsychologische Arbeit integriert.

Was macht das Thema »Karriereende« nun so speziell? Zur Beantwortung dieser Frage ist es nötig, sich den Verlauf einer sportlichen Karriere anzuschauen.